Mobbing und Recht
In der juristischen Terminologie gibt es den Begriff «Mobbing» nicht. Es besteht aber gemäss OR Art. 328 und ARG Art. 6 eine Pflicht seitens des Arbeitgebers, die Persönlichkeit seiner angestellten am Arbeitsplatz zu schützen. Ein Bundesgerichtsentscheid vom Oktober 1998 besagt, dass eine Führungsperson, bzw. letztlich der Arbeitgeber diese Pflicht verletzen, wenn sie Mobbing nicht verhindern.
Als Mobbingbetroffene/r müssen Sie Ihr Vorgehen gegen den Arbeitgeber genau planen. Am besten lassen Sie sich gut beraten und klären ab, wo und von wem Sie welche Unterstützung kriegen.
Klären Sie zuerst ab, ob Sie intern in Ihrem Betrieb Unterstützung bekommen. Vielleicht gibt es einen Ansprechperson für Probleme, vielleicht gibt es einen Betriebsarzt oder einen Betriebsrat. Überprüfen Sie, ob Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, und ob Sie von dieser die Unterstützung kriegen. Vielleicht sind Sie Mitglied in einer Gewerkschaft und geniessen da Rechtsschutz? Oder Sie suchen eine Beratungsperson auf, die auf Mobbing spezialisiert ist, und mit der Sie die Chancen und Risiken beim Vorgehen genau analysieren können.
Als erstes werden die Vorkommnisse mit Datum und Uhrzeit dokumentiert (Mobbing-Tagebuch). Man beginnt Beweise zu sammeln.
Wie in anderen arbeitsrechtlichen Konflikten, suchen Sie dann das Gespräch mit der vorgesetzten Person und fordern sie auf, den diskriminierenden Zustand zu beseitigen.
Wenn dies nichts nützt, dann wird ein erster eingeschriebener Brief (Kopie und Postbeleg behalten) an den Arbeitgeber geschickt. Dies ist eine eigentliche Verwarnung des Arbeitgebers. Sie machen ihn auf die einzelnen Punkte detailliert aufmerksam, in denen er seiner Pflicht nicht nachkommt, den Persönlichkeitsschutz am Arbeitsplatz nicht gewährleistet.
Es ist wichtig, alle zu beanstandenden Punkte aufzuzählen, da dies auch eine Möglichkeit ist, Beweismaterial zu sammeln. Es ist nämlich so, dass bei einer eventuellen späteren Gerichtsverhandlung Ihre Glaubwürdigkeit sehr viel grösser ist bezüglich allen Punkten, die Sie aufgelistet haben und die durch den Arbeitgeber nicht aktiv bestritten worden sind.
In diesem ersten Brief fordern Sie den Arbeitgeber auf, seiner Pflicht umgehend nachzukommen.
Siehe erster Musterbrief
Wenn dieser Brief auch keine Wirkung zeigt, wird ein zweiter eingeschriebener Brief gesandt (Kopie und Postbeleg behalten) mit Hinweis auf die beanstandeten Punkte und wiederum mit der Aufforderung Abhilfe zu schaffen. Zusätzlich halten Sie fest, dass keine oder nur ungenügende Massnahmen getroffen wurden, den Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten.
In diesem Brief setzen Sie eine kurze Frist (Empfehlung 1 Woche). Zudem drohen Sie mit der fristlosen Kündigung. Diesen Schritt planen Sie auch gut und am besten zusammen mit einer juristisch versierten Beratungsperson.
Siehe zweiter Musterbrief
Bevor Sie fristlos kündigen, warten Sie mindestens 14 Tage, da Sie die Abholfristen für eingeschriebene Post (7 Tage) berücksichtigen müssen.
Nutzen Sie die Zeit, sich inzwischen durch Ihre Rechtsschutzversicherung, einen Juristen oder durch eine Mobbing-Spezialistin beraten zu lassen.
Selbst wenn Sie genau so vorgehen, ist es nicht ganz sicher, dass das Arbeitsgericht Ihnen Recht gibt. Aber Ihre Chancen steigen beträchtlich.
Vermutlich kommt es aber gar nicht bis zu einem Prozess. In der Regel wird der Arbeitgeber durch Ihre Aufforderung seiner Pflicht nachgehen und eine Lösung suchen.
Kündigung aus 'gesundheitlichen Gründen'
Es kann auch sein, dass Sie diesen Weg der Konfrontation scheuen, weil Sie nicht mehr genügend Kraft dazu haben.
Wenn Sie gesundheitliche Probleme haben (Angstzustände, Schweissausbrüche, Schlafstörungen, Magenkrämpfe oder andere Stressmerkmale oder Befindlichkeitsstörungen) gehen Sie zu Ihrer Hausarztin, zu einem anderen Arzt Ihres Vertrauens oder zu einem/einer Psychiater/in.
Es ist wichtig, dass Sie beim Arzt/bei der Psychiaterin nicht nur die Auswirkungen, sondern auch die Ursache der Probleme benennen. Die Arbeitslosenkasse wird eine Bestätigung verlangen, dass eine medizinische Fachperson Ihnen geraten hat, die Stelle aus gesundheitlichen Gründen zu verlassen.
Nur mit diesem Vorgehen können Sie verhindern, dass Ihnen die Arbeitslosenkasse wegen der Kündigung auch noch Straftage (ohne Taggeldleistung) verfügt.
Noch etwas: Viele Mobbing-Opfer kämpfen sich bis zum Zusammenbruch durch und gehen auch noch krank an die Arbeit.
Es ist Ihr vertraglisches Recht sich krank zu schreiben, falls Sie unter gesundheitlichen Störungen leiden. Es macht keinen Sinn, wenn Sie total erschöpft und mit ruinierter Gesundheit eine neue Stelle suchen oder antreten.
Wenn Sie sich bis zum letzten Tag durchkämpfen und dann krank in die Arbeitslosigkeit gehen, dann haben Sie ein zusätzliches Problem. Die Arbeitslosenkasse zahlt nämlich nur für kurze Zeit Krankheitstage (oder ähnliche Absenzen)bei der Stellensuche. Und die sind schnell aufgebraucht.
Verschieben Sie also Ihre Krankheit nicht auf die Zeit nach der krankmachenden Arbeit, sonst nehmen Sie das Problem mit und sollten doch neu anfangen können.
Wenn Sie Ihre Stelle aus gesundheitlichen Gründen kündigen, dann begründen Sie dies auch so, damit Sie sich selber keinen Schaden zufügen.
Siehe alternativer Musterbrief
Lassen Sie sich unbedingt professionell beraten (unentgeltliche Rechtsauskunftsstellen, eigene Rechtsschutzversicherung, Mobbing-Berater/in, Jurist/in, medizinische Fachperson ...), bevor Sie kündigen.
Und an der neuen Stelle fordern Sie Ihre Rechte, die Ihnen vom Gesetz her zustehen, von Anfang her ein. Man wird Sie respektieren und fairer behandeln.
Autor:
lic. iur. Walter Amelia, Zürich
Die drei Musterbriefe finden Sie unter
http://www.mobbing-info.ch/html/recht.html